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8/18/2009

Mein Garten soll schöner werden! Teil 1

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Mein Garten soll schöner werden!


Teil 1








From: cl.just@xxxxx.de
To: uruguaylife@yahoo.com
Fri, 19 Dec 2008 10:06:32 +0200 (CEST)



Hallo Vintage!

Heute kann ich mich nicht mit Berichten über die Familie aufhalten, denn wenn ich mich nicht beeile, fällt die nächste grün-üppige Jahreszeit aus!

Angebote für den Garten, Nischen und sogar Balkone gefährden den Seelenfrieden und sind die Verführer schlechthin.

Hundsgemein, ja regelrecht hinterhältig sind sie. Diese Garten- und Gartenzubehör-Kataloge. Sobald es draußen ungemütlich wird und der Garten so überhaupt keine Ähnlichkeit mehr mit einem Zimmer im Freien hat, verstopfen die Gartenkataloge jedes Jahr auf ein Neues die Briefkästen. Natürlich auch meinen.

Ich bin immun dagegen. Ich schaue zwar hinein, blättere vor und zurück, stelle mir die eine oder andere Pflanze sogar an dem einen oder anderen Platz in meinem Garten vor, aber gefährdet bin ich nicht. Verspricht der eine Katalog die Riesenerdbeeren, die garantiert bis Weihnachten Früchte tragen, propagiert der andere Katalog die kleinwüchsige Sorte, die hängend an jeder Terrasse Platz findet, frostsicher ist und so wunderbar an Walderdbeeren erinnert.

Genau – Walderdbeeren. Die hatte ich doch im letzten Jahr mühselig im Wald als Ableger zusammen gesammelt, sie vorsichtig wie Glas nach Hause transportiert, um sie sorgfältiger als jede andere Pflanze der Mutter Erde zu übergeben. Winzig und zart waren diese kleinen Ableger und im Winter eigentlich nicht mehr sichtbar. Nur ich wusste noch, wohin ich sie gesetzt hatte. Und scheinbar unser Hund, der diesen zierlichen Ablegerchen innerhalb von Sekunden den Gar ausmachte, weil er genau an der Stelle einen verbuddelten Knochen vermutete.

Nein, Erdbeeren als Sonderzüchtung möchte ich nicht mehr. Da kann das Angebot noch so verlockend oder mit erhobenem Zeigefinger formuliert sein: „Bestellen Sie schnell – Bestellung nur solange der Vorrat reicht!“

Und dann suggeriert mir ein anderer Katalog, dass ich ohne diese 250 Stück umfassende Knollensammlung unterschiedlichster Frühjahrsblumen garantiert nicht auskommen werde und es wird mächtig an meinem Farbsinn und meiner innerlichen Gegenstemmung gezerrt, indem der Text dezent darauf hinweist, wie wenig Platz doch diese 250 Knöllchen benötigen. Schwupps – schon bestellt. Als sie dann geliefert wurden, hatte ich doch arg Mühe, die künftige Farbenpracht, sortiert nach Farbe, Form, Geselligkeit, Höhe und Ausuferung, auf wenigen Quadratzentimetern unterzubringen.

Mit Stauden ist es auch immer dasselbe: zuerst wird der Preis einer Staude angegeben, darunter dann der Preis für drei oder sechs Stauden, die dann ungleich viel günstiger angepriesen werden. Und welcher Hobbygärtner spart nicht gern? Hier von drei, davon sechs, von den anderen auch schnell noch sechs und bei den kleinen Buchsbäumen, die sich so wunderbar als Beeteinfassung nutzen lassen, muss ich mal schnell ausrechnen, wie viel ich für ungefähr zwei mal zehn Meter benötige. Ist ja alles im Angebot und der Garten soll doch in der nächsten Grünsaison prächtiger denn je auf das Auge wirken.

Aber eigentlich bin ich immun gegen Gartenkataloge.

Und dann liegt draußen der erste Schnee und verdeckt - fast schon gnädig - auf wundersame Weise alles, was auch nur nach Staudenhügelchen aussieht. Die Beete sind kahl. Schrecklich kahl und die Phantasie, mit der die Gartenkatalog-Herausbringer so eine innige Freundschaft geschlossen haben, spielt mir wieder einmal übel mit.

Wie wunderbar sähen jetzt dort Gräser aus, die sich leicht und filigran im Wintersturm wiegen? Dort drüben würde sich traumhaft schön ein in Form gebrachter Taxus machen und eine Eiben- oder Blutbuchenhecke gäbe dem Garten doch ganz sicher die gewünschte Eleganz?! Und schon liefert der Postbote das nächste Paket mit Samengut, welches ich vorher natürlich nicht auf Frostkeimung kontrolliere, aber dennoch entschlossen kurz vor Weihnachten, in der Hoffnung, dass alles gut geht, in die Beete kippe.

Aber jetzt ist Schluss. Ich werde künftig nicht mehr auf derartige Angebote herein fallen. Weder ein Minigewächshaus, in dem sich sogar im Winter Paprika und Gurken ziehen lassen, noch eine neue Kompostmiete werden hier Einzug halten. Ich bin geheilt...

...bis dann plötzlich, verspätet, noch ein Katalog eintrifft. Die glutrote Zierjohannesbeere buhlt mit der japanischen Zierquitte um die Wette. Bis mein Blick auf einen gut in Pose gesetzten Frosch fällt, der gerahmt von nachfolgendem Text mir fast auf meinen dicken Winterpullover springt! „Gönnen Sie sich Balsam für die Seele!“ steht da in verlockenden und psychologisch gut verteilten Buchstaben. Und darunter sind bildhaft im schönsten 4-Farb-Hochglanzdruck diverse Möglichkeiten für einen eigenen Teich präsentiert.

„Und wenn ich nur einen ganz kleinen baue? Gerade so ausreichend für eine Seerose und einen Frosch?“ Und schon gehen meine Gedanken wieder spazieren. Ich stelle mir die Umsetzung dieser Lebensqualität vor und stehe im selben Augenblick vor einem Riesenberg Fragen:

‚Wie tief muss so ein Teich sein? Wie tief muss ich buddeln? Wie kommt Sauerstoff hinein? Wie vermeide ich eine Algenbildung? Locke ich damit Frösche an oder muss ich die ersten kaufen? Welche Seerosen sind winterfest und vor allem: Wo finde ich in meinem Garten Platz für diese Seelenberieselung?’

Als erstes werde ich mir jetzt erst einmal einen stabileren Spaten bestellen, damit ich noch schnell die Erde ausheben kann, bevor der Frost endgültig alles zunichte macht. Dann muss auch noch Sand bestellt werden. Das Teichvlies sowie die Folie und Pflanzen müssen erst vermessen und auch noch fix geordert werden.

Der Teich soll doch im Frühsommer so aussehen, als wäre er schon immer dort an der Stelle – ja welche eigentlich? – gewesen, damit der Frosch sich gleich zuhause fühlt und fröhlich ins kühle Nass springen kann.

An dieser Stelle breche ich meine psychologisch manifestierte Gartenkatalog-Betrachtung ab. Ich muss in den Garten. Die Zeit läuft mir sonst davon!


Liebe Grüße

Claudia



© VINTAGE


P.S. Hier lesen Sie meine Antwortmail …


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